1. Tag: Links-rechts-links-rechts. Schon seit Stunden das monotone Geräusch der Scheibenwischer. Nur noch wenige Kilometer bis Lech, und der Regen wird eher stärker denn schwächer; mit meinem Optimismus verhält es sich genau umgekehrt. Wir sind da - es schüttet. Komplette Regenmontur in der Tiefgarage in Lech anziehen. Die Regensachen sind natürlich ganz unten. Den Schirm hier hat wohl jemand stehen lassen, in 4 Tagen bekommst du ihn wieder, lieber Besitzer. Eine halbe Stunde später stehen wir an der Bushaltestelle und warten auf den Wanderbus nach Zug.

Wir, das sind David (6), Victoria (7); Susanne (7), Philipp (7) und Maximilian (9) sowie 5 Väter bzw. Mütter. Zum Glück gibt es hier ein Vordach zum Unterstellen. Die Kinder sind so guter Dinge, dass wir Erwachsene uns fast anstecken lassen. Unser Tourenleiter managt indessen per Handy die Umbuchung der Hütten. Bei dem Regen hat es keinen Sinn, die Hüttenwanderung mit einem 3-stündigen Aufstieg zu beginnen, da wäre es mit der guten Laune der Kinder schnell vorbei. Wir entscheiden uns für den befestigten kürzeren Weg von Zug zur Freiburger Hütte, eher ein gemütlicher Spazierweg, aber genau richtig, um die Kinder noch bei der Stange zu halten. Da lockt schon der große Wellnessbereich der Freiburger Hütte - für heute verzichten wir jedoch lieber auf ein Bad im eiskalten Formarinsee und machen es uns stattdessen auf der Hütte gemütlich: nach einem warmen Essen bei einer Flasche Rotem aus dem Burgenland, während die KInder sich auf die Spiele, die erstaunlicherweise völlig trocken aus den Rucksäcken gezaubert werden, stürzen und freudig ihr Matratzenlager, das wie ein riesiges Bett für alle ist, in Beschlag nehmen.

 

2. Tag: Dort beginnen die Kinder den Tag auch gleich mit Wettkrabbeln und Purzelbaumschlagen - Hüttenkoller kommt da nicht so schnell auf. Zum Glück, denn der Blick aus dem Fenster zeigt nur weiß: Dicke Flocken, die der Wind fast waagrecht durcht die Luft treibt und eine alles bedeckende Schneeschicht. Die Kinder sind jedenfalls restlos begeistert. Nach dem Frühstück ist dann gleich große Schneeballschlacht angesagt. Bei einer kleinen Schneewanderung helfen alle Kinder mit, einen großen Schneemann zu bauen, dann ein kleines Iglu für die Murmeltiere und ein großes für die Kinder. Etwas Besseres hätte uns gar nicht passieren können, als dass aus den Regenmassen von gestern herrlicher Schnee wurde!

3. Tag: Mit dem Bus zum Spuller See, von dort Fußmarsch zur Ravensburger Hütte. Es regnet nur noch ab und zu. Der Pfad ist glitschig, es taut. Die Kinder laufen hintereinander, ein jeder mit seinem Rucksack, alle hoch konzentriert, um nicht abzurutschen. Keiner stellt die Frage, wie weit es noch ist, keinerlei Gemaule. Nach etwa 1 1/2 Stunden kommen wir in der Ravensburger Hütte an, die Kinder sind von unten bis oben mit Schlamm verspritzt, aber sichtlich stolz. Alle müssen jetzt erst mal in ihren Gummimatschhosen am Brunnen antreten und werden dort gründlich mit der Bürste abgeschrubbt. Matschhosen sind klasse! Auf der Ravensburger Hütte erwartet uns dann so etwas wie ein First-class-Hotel auf 1948m Höhe: ein Selbstbedienungsrestaurant mit einer reichhaltigen Auswahl - wer schafft die größte Portion Pommes?. Minutenlang heißes Wasser auf Knopfdruck für einmal Händewaschen. Ein Kachelofen im gemütlichen Gastraum und stapelweise Spiele, natürlich allesamt von Ravensburger, da kommt bis zum späten Abend keine Langeweile auf.

4. Tag: Wir suchen den Kleinen Alpsee. Benötigt dazu werden Kinder mit Adleraugen für die Markierungen und einem guten Riecher für die richtige Himmelsrichtung. Wir finden ihn tatsächlich und die übermütigen kleinen Pioniere bewerfen uns dann beim Vesper an einer Schutzhütte von oben mit Schneebällen. Dazu reicht der Schnee nämlich noch, auch wenn das meiste inzwischen getaut ist. Aber Wasser gibt es reichlich und die kleinen Bächlein überall lfordern zum Staudammbau heraus, zumindest die Jungs, während die Mädchen lieber ein paar schöne Alpenblumen pflücken würden, aber nicht dürfen. Andere halten sich da lieber an den Schnittlauch, der so saftig ist, dass mancher gerne mit einer Kuh tauschen würde. Nach diesen Abenteuern freuen wir uns schon darauf, unsere durchnässten kalten Füße in unsere Hausschuhen aufzuwärmen. Doch die sind verschwunden: Sie wärmten inzwischen die Füße einer Gruppe von Engländern, die das Schild "Hüttenschuhe zum Ausleihen" wörtlich genommen haben, unsere Hausschuhe wohl netter fanden als die aus der hütteneigenen Hausschuhkiste und nun gemütlich in ihnen beim Abendessen saßen.

5. Tag: Abstieg nach Zug. Sonnenbrillen auf, Sonnenmilch griffbereit halten! Strahlend blauer Himmel gibt uns das Geleit, die Sonne ist völlig ungewohnt. Eiskaltes klares Bergwasser aus dem Fels löscht unseren Durst unterwegs, zur Stärkung gibt es noch ein paar Walderdbeeren. Hier duftet es nach Sommer. Dann mit dem Wanderbus zurück nach Lech. Hier wirkt bei strahlendem Sonnenschein alles so ganz anders als noch vor 4 Tagen. Waren es wirklich nur 4 Tage? Den Schirm stelle ich wieder an seinen Platz in der Tiefgarage zurück, für den nächsten Dauerregen. Morgen gehen wir jedenfalls ins Freibad. Dort werden wir bei über 30°C allen erzählen, dass wir auf Hüttentour in den Alpen waren. Und vorgestern noch in Skiunterwäsche, mit Mützen und Handschuhen einen großen Schneemann gebaut haben.