Was bisher geschah: Nichts.

Samstag, der 16.04.2022: Wie jede gute Geschichte, wie die aufmerksam Lesenden feststellen werden, beginnt auch diese mit einem roten Bus, bis oben hin vollgestopft mit Gepäckstücken, der in ein schönes Gebirge fährt. Das ist die Eifel auch, die zu unser aller Erstaunen recht wenig mit dem Eiffelturm gemein hatte, außer natürlich das beiden gemeine „I-fell-down-Potential“. Abgelenkt von überflüssigen Wortwitzen hatten wir jedoch nicht bemerkt, dass wir für das zuvor eingekaufte Vollkornbrot nicht die angedachten 3 Euro, sondern den fünffachen Preis bezahlt hatten, weshalb das auch das letzte Mal war, dass wir in dieser Woche einen Aldi betraten. Verwirrt und betrogen kamen wir auf der noch leeren Wiese an, die wir ab nun unseren Zeltplatz nennen sollten, und auf dem nun mit wormser Effizienz unser Lager errichtet wurde. Es war Zeit für die erste Wanderung:

Die erste Wanderung – Richtung: Süden - Ziel: Felsenweiher

Die Mission der ersten Wanderung war es die nähere Umgebung des Zeltplatzes zu erkunden. Wir fanden: Einige Boulderfelsen, einen davon in Form eines Totenschädels, die heimischen Baumarten, und … zwei Nachzügler, die trotz unser aller Erschöpfung motiviert waren, noch mehr zu entdecken. Also machten wir uns auf den Weg, und erreichten nach einer Stunde gegenseitigen Kennenlernens den Felsenweiher, dabei selbstverständlich alle Sicherheitshinweise berücksichtigend. Die Menge der Bäume auf dem Rückweg durch einige Felder spiegelte unsere Motivationsreserven mit einer solchen Präzision wider, dass sich der Wunsch manifestierte am nächsten Tag keine Wanderung mehr zu unternehmen (den wir am nächsten Tag jedoch zum Glück vergessen werden haben sollten). Der Abend endete – wie die folgenden es auch tun sollten – mit einem reichhaltigen Abendessen und einem gemütlichen Lagerfeuer in Ruhe und Frieden…

Sonntag, der 17.04.2022:

Vorausgesetzt wir hatten die Nacht hindurch überhaupt geschlafen, weckte uns morgens das Geschrei des Hahns von nebenan – ach nein das ist nur die Bushupe, deren Benutzung ein sicherlich Empathieloser für gekommen hielt – den gewünschten Effekt erzielte es dennoch, und es wurde gemeinsam gefrühstückt. Die Realität holte uns beim Spülen ein, oder besser: als wir das vorhatten, und daran gehindert wurden da eine Spüle für zwei Camping-Gruppen nun mal zu wenig ist. Die Ungeduld und den Hintergedanken an die angekündigten 80 Pfadfinder, die sich auf dem Zeltplatz breitmachen sollten, trieb uns dazu um den zweiten Spülraum zu bitten. (An dieser Stelle vielen Dank für den zweiten Spülraum, das hat uns wirklich viel Zeit gespart) Ein weiterer Vorteil dieser Freundlichkeit war, dass mehrere Zusammenstöße mit fliegenüberhäuften Insektenfallen uns die sichtschutzfreien Duschkabinen doch noch schmackhaft machten.

Die zweite Wanderung – Richtung: Nordwesten – Ziel: Einige Höhlen

Da wir den Süden unseres Heims nun so weit kannten, führte uns die zweite Wanderung in Richtung Norden. Da Langeweile einzusetzen drohte, wurde beschlossen ein Gruppenfoto auf dem „Druidenstein“ zu schießen, der jedoch nur Platz für nicht mal die Hälfte von uns zu bieten schien. Auf Höhlenjagd, das war nämlich das erklärte Ziel dieser Wanderung, schlugen wir uns durch den Wald, um schließlich ein wunderbares Klettergebiet am „Märchenpfad“ zu entdecken. Voller Verheißung waren wir nun auf die angekündigte Höhle gespannt, vor der eine kilometerweite Aussicht bis nach Luxemburg die Kulisse unseres Mittagessens bildete. Die Länge der Höhle war dann mit drei Metern zwar etwas enttäuschend, aber da wir schon viel gesehen hatten, wollten die meisten sowieso umkehren. Auf dem Rückweg erregten noch ein alter Bunker, und das ungünstige Größenverhältnis der weiteren Höhlen und ihrer achtbeinigen Bewohner unsere Aufmerksamkeit. Den krönenden Abschluss bildete ein glitzerndes Kneippbecken, das uns so viel Lust auf nasse Füße machte, dass wir danach den Rückweg über einen kleinen Bach nahmen, der zwar keinen Namen hat, aber nicht zum letzten Mal in diesem Bericht auftaucht.

Zurück bei den Zelten: So sehr wir uns auch anstrengten die Vorbereitungen für das Abendessen zu treffen, ausblenden konnten wir die hundertfach gegrölten Namen diverser amerikanischer Bundesstaaten unserer Ethanol-affinen Pfadfindernachbarn nie völlig. Als sich um 3 Uhr nachts zum sechshundertfünfzigsten Mal „Wäääst Wööörgiiiinjaaaa“ in unsere Gehirnfalten eingravierte, und wir in Erwägung zogen die Polizei wegen Ruhestörung anzurufen, mussten wir mit Resignation erkennen, dass diese in solch entlegene Winkel wohl bis am nächsten Morgen noch nicht angekommen wäre.

Montag, der 18.04.2022:

So schnell wie sich unsere Wiese in einen gefüllten Zeltplatz verwandelt hatte, war sie am nächsten Tag auch schon wieder geleert. Da Norden und Süden bereits erkundet waren berieten wir uns lange, wohin unsere nächste Wanderung führen sollte, und ja darüber bestand kein Zweifel, denn der Osterhase bringt nicht nur bunte Eier bis in die Eifel, nein auch volle Kletterfelsen sind da nicht fern (daher war Klettern ausgeschlossen). So stiegen wir in unseren roten Bus, immer noch ohne Ziel, doch wie jedes Kind weiß führen alle Straßen nach Rom – naja fast, der Römerpfad sollte unsere dritte Wanderung werden.

Die dritte Wanderung – der Römerpfad

Der Himmel klarte auf, und es war auf einmal richtig warm in der Eifel. Zwischen Geocache-Verstecken die wir entdeckten, und der eigentlich ziemlich kurzen „Langen Mauer“ hatten wir die Gelegenheit unsere vertrauensbildenden Wanderspiele zu testen. Nachdem uns die „Klausenhöhle“ und die völlig überfüllte „Genovevahöhle“ unsere Erschöpfung nicht abnehmen konnten (aber einigen ihre Schuhsohlen), kehrten wir durch ein magisches Flusstal zurück zu dem altbekannten Bus. Auf der Rückfahrt bewunderten wir noch die Überreste der „Irreler Wasserfälle“, deren Zustand uns endlich dazu bewog es mit dem Wandern zu lassen. Und so war die dritte Wanderung die letzte Wanderung.

Dienstag, der 19.04.2022:

Die Sonne schien, und wie übrigens die ganze Woche regnete es auch an diesem Tag keinen Tropfen vom klaren blauen Himmel. Wir waren alle zuversichtlich und starteten mit viel Energie in den Morgen, denn der Plan war heute endlich klettern zu gehen, und das auch noch am wunderbarsten Kletterfelsen ganz Luxemburgs. Die Felsen bei Berdorf überraschten uns nicht nur durch die vielfältigen Klettermöglichkeiten, sondern die ebenso mannigfaltige Sprachenvielfalt: Wir hörten Französisch, Deutsch, Englisch, Niederländisch und sogar das lokale Lëtzebuergesch. Um zu dem Ort zu gelangen, stiegen wir durch verwunschene Felsgänge, und bestiegen in Stein gehauene Stufen. Für einige von uns stellte das einen ganz besonderen Tag dar: Das erste Mal am richtigen Felsen Klettern. Das märchenhafte Tal bot die optimale Kulisse für das kleine Abenteuer, das wir gerade erlebten. Wir erreichten neue Höchstleistungen und kamen bei 25 Meter hohen Touren an unsere Grenzen, ohne müde nach neuen Herausforderungen zu werden. Bei der Rückkehr in deutsches Staatsgebiet bereuten wir nichts, und freuten uns trotz großer Erschöpfung auf den nächsten Tag, denn wir wussten: Diese Nacht würden wir gut durchschlafen können.

Mittwoch, der 20.04.2022:

Die Anstrengungen der vier ersten Tage veranlasste uns mal einen ruhigen Tag einzulegen, was auch gelegen kam, denn wir waren nun die einzigen auf dem Platz. Zuerst beschlossen wir an dem Tag nichts zu tun, da jedoch von zu viel „Känguru-Chroniken hören“ ein allgemeines Symptom ist am Sinn des Lebens zu zweifeln, beschlossen wir etwas aktiver als „nichts“ zu werden. Also schnappten wir uns behände ein paar Seile, Karabiner, Rucksäcke und Prusik-Schlingen, denn das Einzige was besser ist einen Felsen hochzuklettern ist ihn herunterzurutschen: Wir bauten eine Seilbahn. Zwei passende Bäume gefunden, schnallten wir die zwei Seile auf beiden Seiten fest, und mithilfe eines fünffachen Flaschenzugs spannten wir beide über das kleine Tal auf. Das ganze dauerte ungefähr eine Stunde. Weil das so viel Spaß gemacht hatte, bauten wir die Konstruktion danach wieder ab, nur um sie ein paar Meter weiter, aber mit doppelter Länge wieder aufzubauen. Ehrlichgesagt hat sich die ganze Arbeit jedoch gelohnt, denn der Blick über das Flusstal, das wir am Sonntag noch hochgeklettert waren, war mein persönlicher Höhepunkt der Osterfahrt. Ich sagte doch, dass der Bach nochmal vorkommt ;). Das Herz tat bei jedem Sprung erstmal einen Satz, und viele konnten ihre Stimmbänder nicht zurückhalten. Das Gefühl das wir hatten, als die Äste an uns vorbeigerauscht sind, lässt sich mit nichts vergleichen, was man so in Worte fassen könnte.

Donnerstag, der 21.04.2022:

Den letzten vollen Tag der diesjährigen Osterfahrt wollten wir noch gebührend nutzen, also zog es uns erneut nach Berdorf um uns an weiteren Kletterrouten auszuprobieren. Wir hatten Glück und diesmal war noch weniger los als am Dienstag. Alle Gurte, Seile, Helme und Karabiner eingepackt ging die Fahrt auch schon wieder los. Auch an diesem Tag hatten wir viel Zeit miteinander zu reden, und uns noch näher kennenzulernen. Alle konnten sich noch einmal am Fels austoben, bis es dann zurück nach Deutschland ging. Davor haben wir den Bus jedoch vollgetankt, denn *psst* die Benzinpreise sind niedriger in Luxemburg. Am letzten Abend dieser ereignisreichen Reise setzten sich die von uns, die übriggeblieben waren, denn die letzten Tage waren einige bereits geflüchtet, noch einmal um das warme Lagerfeuer. Müde aber zufrieden ließen wir den Abend ausklingen, uns wie üblich unsere Geschichten erzählend mit dem Knistern der Flammen im Hintergrund. Mit unseren gewärmten Gesichtern lachten wir darüber, dass wir natürlich nicht versucht hatten leere Flaschen im Feuer zum Schmelzen zu bringen, und aus einer herumliegenden Eisenstange ein Schwert zu schmieden, denn das wäre ja wirklich unvernünftig gewesen. Und nachdem wir auch an diesem Abend vergeblich versucht hatten die Bilder von der Fahrt mit luxemburger Netz abzuschicken (ja das luxemburgische war noch besser dort als das deutsche), legten wir uns schlafen mit dem gar nicht mehr so guten Gefühl am nächsten Tag nach Hause zu fahren.

Freitag, der 22.04.2022:

Auch von diesem Tag möchte ich den aufmerksam Lesenden noch berichten: Nicht gerade gut ausgeschlafen machten wir uns schon direkt nach dem Frühstück daran, unsere Zelte wieder auf die Größe eines Zwergpinguins zu bringen, und als wir auf den Überresten unseres Lagers ein paar unbelegte Baguette-Scheiben als Mittagessen aßen, waren wir doch ziemlich froh nun endlich wieder nach Hause zu kommen. Ein letztes Mal spülten wir das Besteck, duschten uns, begrünten unsere Feuerstelle, stolperten in die dadurch entstandenen Erdlöcher und schon konnte die Fahrt losgehen. Der rote, etwas dreckigere Bus machte sich also auf den Weg nach Worms, wo er nach circa 3 Stunden auch ankam. Wir verabschiedeten uns voneinander, und alles hatte schließlich doch noch ein gutes Ende gefunden.

Für alle, die es bis hier hin geschafft haben zu lesen: Unsere Gruppenfahrt war wieder ein besonderes Erlebnis, und ich lade euch herzlich ein, wenn ihr auch ein echtes Abenteuer erleben wollt. Manchmal wirkt es gefährlich etwas zu wagen, aber ganz ehrlich: Es lohnt sich, und das sage ich als jemand, der noch nie zuvor gecampt hatte.