Sportkletterer Till von Bothmer verpasst Finaleinzug in Woronesch

Dabei sein ist alles. Auch wenn dieses Olympische Motto von seinem vermeintlichen Urheber Pierre de Coubertin so nie ausgesprochen wurde, kann der Spruch für Till von Bothmer doch als Trost herhalten. Für den 17-jährigen Sportkletterer aus Bobenheim-Roxheim war schon die Teilnahme an den Jugend-Weltmeisterschaften im russischen Woronesch ein Riesenerfolg. Im Wettkampf das Finale der besten 16 hauchzart zu verpassen, ist für einen ehrgeizigen Sportler dann zwar immer ein wenig frustrierend - im Rückblick kann Till von Bothmer mit dem 17. Platz im Speedklettern der A-Jugendlichen aber gut leben. „Auf das Ergebnis kann man schon stolz sein“, lautet sein Urteil. Auch Vater und Heimtrainer Mirko von Bothmer sieht es positiv: „Das war keine große Enttäuschung, das Erlebnis zählt. Für Till war es ein Highlight bei der WM dabei zu sein. Es ist das erste Mal, dass er es so weit geschafft hat.“

Till von Bothmer entstammt einer Kletter-begeisterten Familie, die im Deutschen Alpenverein Sektion Worms ihre sportliche Heimat hat. Vater und Mutter sind lizensierte Trainer, sein Bruder Vincent Jugendleiter und selbst ein erfolgreicher Kletterer. Aktuelles Aushängeschild des Vereins ist jedoch Till, der schon früh in den Landeskader berufen wurde und am Landesstützpunkt in Frankenthal unter Jugend-Bundestrainer Johannes Lau trainiert. Der Schwerpunkt in der Saisonvorbereitung lag dabei auf der Disziplin Lead, dem Schwierigkeitsklettern am Seil, das Till eigentlich als seine Spezialität ansieht. Doch als er bei den Deutschen Meisterschaften den vierten Platz bei den Herren im Speed erreichte, zeigte sich, dass er in dieser Disziplin scheinbar besser drauf ist.

Das auch Vertikalsprint genannte Geschwindigkeitsklettern auf fest vorgegebener Route, die weltweit in jedem Wettkampf gleich ist, nahm fortan einen größeren Teil im Training ein, denn im Speed war Till für den Jugend-Europacup qualifiziert, was ihm im Lead nicht gelungen war. Und im Laufe der Saison konnte er sich steigern. Nach einem 14. Platz in Bochum Anfang Juni, landete er bei zwei Wettkämpfen in Österreich jeweils auf Rang sechs, wurde anschließend in Belgien Vierter, ehe ihm Ende Juli in der Slowakei sein erster Europacup-Sieg gelang. Damit war auch die Qualifikation für die Jugend-Weltmeisterschaft geschafft, die ihn Mitte August nach Russland führte. Dass dort dann „nur“ der 17. Platz heraussprang, war schlicht und einfach auch ein wenig Pech. „Auf diesem Niveau entscheiden Kleinigkeiten. Da spielen die Nerven eine große Rolle, denn man muss volles Risiko gehen, sonst hat man keine Chance“, weiß sein Vater. Till nahm das Risiko, rutschte in der Qualifikation einmal ab und verpasste somit eine bessere Zeit, die ihm sicher den Finaleinzug beschert hätte. Gerade mal um eine Hundertstelsekunde schrammte er am Finale vorbei, in dem dann dank des K.O.-Systems alles möglich gewesen wäre. Angesichts dessen mischt sich unter die Freude über das Erreichte auch eine Postion Selbstkritik: „Ein bisschen enttäuscht bin ich schon, weil ich weiß, dass ich es besser kann. Ich habe meine Leistung nicht an die Wand gebracht.“

Die Speed-Saison ist somit für Till vorbei und im Training steht fortan wieder das Lead-Klettern im Vordergrund, in dem mit dem Deutschen Jugendcup und der Deutschen Meisterschaft noch zwei Höhepunkte warten. Und das Ziel für die nächste Saison ist auch schon klar: 2022 will Till von Bothmer wieder im Europacup dabei sein, diesmal aber im Lead-Klettern. Langfristig warten noch viel größere Vorhaben. Lead, Speed und die dritte Disziplin des Sportkletterns, Bouldern (ungesichertes Klettern in Absprunghöhe), bilden gemeinsam den Olympic Combined, der in Tokio erstmals zum Programm der Olympischen Spiele gehörte. Das beschert dem Sportklettern mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und wird auch die Fördermöglichkeiten der Sportart verbessern. Und vielleicht heißt es für Till von Bothmer dann in ein paar Jahren wieder einmal: dabei sein ist alles - dann aber bei dem Wettkampf, für den dieses Motto angeblich geschaffen wurde. Ins Visier genommen hat er Olympia jedenfalls schon: „2024 will ich in Paris dabei sein.“

Autor: Dirk Waidner
Oktoberausgabe „Sport in Form“
Sportbund Rheinhessen