Zum 2.Mal fuhren 18 Personen unter der Leitung von Iris Ostermayer zu einer Wanderreise an die Ardéche und erlebten bei sonnigem Wetter 12 erlebnisreiche Tage mit Wandern, Paddeln, Natur und Kultur.

1. Tag Do 5. Mai

Die Anreise erfolgte in zwei Kleinbussen, die verschiedener nicht sein konnten. Es war wie mit Opa und Enkel, der Enkel war jung, dynamisch, schnell und immer vorne weg. Opa war etwas eingeschränkt in seiner Wendigkeit, bedächtiger und fuhr trotz großer Anstrengungen immer hinterher. Manchmal verloren sich die beiden auch, aber sie fanden sich immer wieder, sie gehörten eben zusammen. Übernachtet wurde in kleinen Chalets auf einem Campingplatz namens Chaulet Plage am Chassezac, einem Nebenfluss der Ardèche nach dem Motto: Platz ist in der kleinsten Hütte. Nur gut, dass Wanderer im Allgemeinen nicht übergewichtig, sondern athletisch und gut durchtrainiert sind, so blieb keiner im Bad oder Etagenbett stecken. Angesagt waren Wandern und Paddeln. Gleich am ersten „Programm-Vorstellungs-Abend“ outeten sich zwei Personen als Nichtschwimmer, was ihnen noch sehr leid tun sollte, denn sie mussten sich allerhand witzige und spöttische Bemerkungen anhören. Aber eins muss man ihnen lassen: der erste Abend war durch ihr Handicap ausgesprochen lustig und lebendig. Ich weiß nicht wie viele Eventualitäten wir uns ausgedacht haben, die eintreten könnten, wenn sie mitpaddelten oder beim Wandern ins Wasser fielen. Und jetzt nehme ich mal ein Ereignis von später vorweg: einer ist wirklich ins Wasser gefallen und zwar in einer so alltäglichen Situation, dass es eigentlich nicht wahr sein konnte.

2. Tag Fr 6. Mai

Für einen Teil der Wanderungen hatte Iris wieder den ortskundigen Werner Amann, engagiert. Dieser führte die erste Tour und die war heftig. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass Werner eine eigene Zeitrechnung hatte, die um einiges unter unserem Zeitaufwand für eine Strecke lag. Fragte er also, ob wir 4 oder 5 Stunden laufen wollten, dann hieß das für uns 6 oder 8 Stunden. Aber wie gesagt, das bekamen wir erst im Laufe der Zeit heraus. Am ersten Tag wussten wir es nicht und so entschieden wir uns natürlich als konditionsreiche Läufer für die weitere Strecke. Oh, oh! Nichts desto trotz sind wir alle heil zurückgekommen. Die Wanderung führte uns in die Schlucht des Chassezac und den Wald von Paiolive, einer interessanten Karstlandschaft. Zunächst durchquerten wir den Fluss, dehnten die benötigten Gelenke bei Pfefferminzgeruch und liefen ein Stück am Ufer entlang. Wir sahen viele Steilwandkletterer und Kinder, die Fährmann spielten. Durch verschiedene Kräuter lag ein würziger Duft in der Luft. Irgendwann ging es anhaltend bergauf durch Eichenwald an den Rand des Canyons. Zwei seltene Orchideen, Knabenkraut und Waldvögelein säumten anmutig unseren Aufstieg. Oben hatten wir einen wunderbaren Blick in das eingegrabene Bett des Chassezac und nutzten die Stelle für eine Pause. Es war wunderbare klare Sicht für ein Super-Foto. Der Abstieg erfolgte über eine Diretissima mit viel Geröll und Steinfelsen. Da war wie in Alexandras Song jeder Baum ein Freund. Wieder unten angekommen, folgten wir noch ein Stück dem Ufer, trafen auf ein nettes Restaurant und ließen uns unter ausladenden Bäumen Panachee (Radler) und drei Familienpizzen munden. Frisch gestärkt ging es dann weiter auf die andere Fluss-Seite. Hier stiegen wir durch Macchie, eine immergrüne Buschvegetation aus Stein- und Kermeseichen, Baumheide, Myrthe, Steinlinden, Ginster und anderem stacheligem Gestrüpp, nach oben, vorbei an einigen ausgesetzten Stellen. Wir erreichten ein Plateau mit blühendem Thymian und Rosmarin und genossen an seinem Rand wieder einige Tiefblicke in den Canyon des Chassezac. Auf dem Fluss konnten wir Kanus und Kajaks sehen, die sich wendig durch das Flussbett schoben, aber auch schon mal kenterten. Das war die erste Einstimmung auf unsere noch kommende Paddeltour. Wir behielten die Höhe bis zur Ermitage Saint. Eugène, an einer weiteren Steilwand des Plateaus gelegen. Der Platz gab den Blick auf das Dorf Chassagnes und den gegenüberliegenden Höhenzug Serre de la Barre frei, zu der eine spätere Wanderung führen sollte. Der Heimweg zog sich. Trotz einer großen Zahl von Knabenkräutern und bizzaren Kalksteinskulpturenen, unter ihnen die berühmte Formation „Löwe und Bär“, wollte keine Kurzweile aufkommen. Es reichte gerade noch für eine Kurzdusche vor dem Essen und dann ging’s ab ins angegliederte Camping-Restaurant mit roten Tischen und Stühlen. Die Mahlzeiten liefen jeden Tag gleich ab. Morgens standen wir nach einer Tasse Kaffee und zwei Stücken Baguette an. Abends saßen wir artig am Tisch und warteten auf das Überraschungs-Menü mit abgezählten Portionen. Mir fielen die Landschulheimaufenthalte auf dem Darsberg und Frau Vogt ein. Wiewohl unsere Madame kein Vergleich zu Frau Vogt war. Sie trug figurbetonte Kostüme mit hochhackigen Schuhen, die sie in Paris eingekauft haben konnte und verschönerte eigens damit das Ambiente des Restaurants oder trat damit aus dem Schatten ihres Mannes, der zwar frisch geduscht und wohlriechend war, aber in allem anderen ein bisschen „pennrig“ aussah. Wir waren an diesem und an allen anderen Tagen so voller Appetit, dass es immer geschmeckt hat, zumal ein guter Landwein jedes Abendessen abrundete.

3. Tag, Sa 7. Mai

Nach unserem „französischen“ Frühstück fuhren wir nach Les Vans, bummelten über den Markt und durchs Städtchen und tätigten unseren ersten Großeinkauf. Zurück auf dem Campingplatz genossen wir unsere auf dem Markt eingekauften Leckereien wie Wildschweinsalami, Ziegenkäse, Walnußbrot, Kastanienmus, und tranken ein Glas Wein dazu. Der Nachmittag stand zur freien Verfügung und wurde unterschiedlichst genutzt. Ein Schläfchen im Bett, Sonnenbaden, Spaziergang und Steine suchen am Chassezac .

4. Tag, So 8. Mai

Heute war wieder eine Wanderung angesagt. Es ging nach Thines, einem idyllisch gelegenem Bergdorf. Zunächst fuhren wir zum Oberlauf des Chassezac auf bisweilen mehr als schmalen Teersträßchen durch eine wildromantische Berglandschaft mit steilen Abgründen und verlassenen Weilern. Irgendwann bogen wir Richtung Thines ab, dem Ufer des gleichnamigen Flüsschens folgend. Hier wurde es landschaftlich noch etwas uriger. Manche Brücken ließen gerade mal eine Busbreite zu. Unsere Fahrer hatten gut zu tun. Thines liegt einsam oben auf dem Berg und ist ein verlassener Flecken, bestehend aus einer Kirche, einer Ökobar und maximal 10 Häusern. Wir ließen die Fahrzeuge auf einem ausgewiesenen Parkplatz stehen und stiegen auf einem Schotterweg durch Kastanien- und Eichenwald zum Dorf hoch und weiter in die Berglandschaft. Unseren Weg säumte ein Ziegengehege und ein stattlicher Bock mit langem Kinnbart begrüßte uns durchs Scheunenfenster. Zwei Ziegen zogen -zunächst mit einer anderen Wandergruppe- dann mit uns mit. Wir sollten einiges mit ihnen erleben! Je höher wir kamen, umso karger wurde die Vegetation, dafür war der Weg gesät mit Schiefer- und Quarzsteinen, die in der Sonne in den herrlichsten Farben glänzten. Auf dem Kamm pausierten wir in einer Auberge und versuchten der nervigen Aufdringlichkeit der Ziegen Herr zu werden. Wir entwickelten die vielfältige Strategien sie zu vertreiben, aber gegen ihre Penetranz kamen wir nicht an. Na ja, ihre Strafe bekamen sie im Dorf, als sie auf dem Friedhof festgebunden wurden und jämmerlich blökten. Der Rundweg führte uns weiter auf einem Pfad querfeldein durch Garrique -niederer, nicht so dichter Macchie- zum Dorf, wo uns die Dorfbar zu Café und Kastanieneis einlud. Unterwegs sahen wir Bachkatzen, eine schöner als die andere, die heute einige Gärten um Worms zieren. Die Rückfahrt in wunderbarem Abendlicht war einzig. Am Abend warf die morgige Schnupperpaddeltour auf dem Chassezac ihre Schatten voraus. Nicht nur, dass unsere Nichtschwimmer wieder ihr Fett abbekamen, sondern auch für uns andere wurden die witzigsten, aber auch schauerlichsten Abenteuer kreiert.

5. Tag, Mo 9. Mai

Der gestrige Abend fand ein lustiges Ende und führte in einen lustigen Morgen, der uns Niedrigwasser brachte und uns die Boote mehr ziehen und schieben ließ als schwimmen. Dennoch oder gerade deswegen hatten wir eine Riesengaudi. Am Abend saßen wir in großer Runde vor einem der Chalets, erzählten und diskutierten, zogen den süßen Duft der blühenden Akazien ein, lauschten den Fröschen und Nachtigallen, und so mancher hing sicher unter dem klaren Sternenhimmel seinen Sehnsüchten oder Erinnerungen nach.

6. Tag, Di 10. Mai

Der Abwechslung angemessen folgte heute wieder eine Wanderung. Sie führte am Lauf der Beaume entlang nach La Beaume. Es war eine schöne, abwechslungsreiche Wanderung. Der Hinweg verlief durch Wiesen, durch ein ausgetrocknetes Bachbett über schlammbedeckte Steine und entlang einer Steilwand. Der Rückweg führte auf der Höhe durch ein Waldgebiet mit einem wunderbaren Blick in die Beaumeschlucht. La Beaume ist ein malerisches Örtchen vor und auf einer Felswand. Eine alte Steinbrücke überquert den Fluss. Die in grauem Stein gebauten Häuser schmückten Blumen in Kästen und kleinen Gärtchen. Unter einer Platanengruppe eines Restaurants legten wir eine Mittagspause ein, ließen die Seele baumeln und planten den folgenden Tag, an dem die große Ardèchewanderung stattfinden sollte. Höhepunkt der Beaume-Wanderung war das Ende. Wir mussten die Beaume queren. Sie besaß viel Wasser mit hoher Fließgeschwindigkeit und glitschige Steine. Hier half nur, Augen zu und durch. Nein das war es gerade nicht. Wir brauchten den Pfadfindergeist unseres Jugendalters und entwickelten sehr individuelle Überquerungstechniken. Am anderen Ufer wurden die Schuhe ausgeschüttet, die Socken ausgewrungen und die Füße wieder getrocknet. Ein kühles Bier, ein Wein oder ein Panachee belohnten uns für unser Wagnis. Am Abend mundete eine Weinprobe in einem Winzerhof.

7. Tag Mi 11. Mai

Nun kam der Tag des großen Abenteuers, die Durchwanderung der Ardèche. Wenn sie so chaotisch verlief wie die Vorarbeit, dann gute Nacht. Wir wollten sie in 2 Tagen erwandern und im Freien übernachten. Bis eine Stunde vor Abfahrt war die Organisation nicht klar, dennoch murrte keiner. Alle legten eine gehörige Portion Fatalismus an den Tag und vertrauten der liebenswerten Chaotik von Werner Amann, der das ganze schon richten würde. Und so war es auch. Wer hätte um 9 Uhr morgens gedacht, dass es abends sooo schön werden würde, wahrscheinlich nicht einmal Werner selbst. Aber noch sind wir am Anfang. Wir fuhren zuerst nach Vallon-Pont d’Arc und dann ein gute Strecke auf der Panoramastrasse zu einer Einstiegsstelle an der Ardèche. Dann bedurfte es einer feinfühligen Verständigung mit den Naturparkrangern, dass sie unsere Nachtutensilien an das Übernachtungscamp brachten. Die Gruppe war geteilt. Sieben Personen durchpaddelten die Ardèche unter der Führung von Werner, die anderen durchwanderten sie unter der Führung von Iris. An verschiedenen Stellen kreuzten sich Paddler und Wanderer und die einen setzten die anderen über, was jedes Mal ein besonderes Ereignis war. Die Paddler stiegen um 11.30 h in die Startposition, die Wanderer wohl früher, denn sie mussten an der ersten Kreuzung lange Zeit auf die „Wasserleute“ warten. Für die Wanderer war der erste Teil der Wanderung abwechslungs- und erlebnisreich. Der Canyon ist etwa 80 m tief. Manchmal führte der Weg durch Gestrüpp in halber Höhe, manchmal am Ufer auf schmalen Pfaden, dann wiederum über Felsplatten verschiedener Größe und an abgesicherten ausgesetzten Stellen vorbei und nicht zuletzt durchs Wasser. Das Wetter war ideal, die Aussicht auf die majestätischen Steilwände grandios. Ich glaube, alle waren’s zufrieden. Wie sah’s nun bei den Paddlern aus? Da ging’s ganz schön rund. Sie stiegen direkt am Pont d’Arc, dem Wahrzeichen der Ardèche, ein. Während des Wartens auf Werner sahen sie gleich die ersten Kenter, und da war allen klar, das wird anders als auf dem Chassezac. Nach einem nochmaligen Schnelldurchgang der wichtigsten Paddelschläge ging’s dann endlich los, zunächst gemütlich und gediegen, bis dann die erste Stromschnelle kam. Je nach Schwierigkeitsstufe wurden wir im Boot für die Durchfahrt eingewiesen oder wir stiegen vorher aus und schauten uns die Stelle mit ihrer Strömung an. Die schwierigen Passagen haben alle einen Namen und sind angezeigt. An der ersten Stelle kamen wir gut durch, aber an der zweiten Stelle erwischte es ein Boot von uns, obwohl der Start gut aussah. Boot und Insassen trieben getrennt im Wasser bis zum nächsten Uferrand. Dort nahmen wir dann alle eine Verschnaufpause. Von diesem einen ernsten „Wasserfall“ abgesehen bewältigten wir dank der umsichtigen Führung von Werner den 32 km langen Parcours ohne weitere Zwischenfälle, auch wenn wir fast alle mal aus Unbedachtsamkeit das Wasser im Ganzen kontaktierten und nass bis auf die Haut waren. Am späten Nachmittag trafen wir in unserem Übernachtungscamp ein. Der Platz lag wenige Meter vom Fluss weg sehr idyllisch im Uferwald, bot wunderbare warme Duschen, große Übernachtungszelte und ein kleines Naturkundemuseum. Frisch in die Reih gemacht ging’s zum Barbecue, und was für einem. Die Vielfalt der mitgebrachten, untereinander ausgetauschten Spezialitäten sucht bis heute ihresgleichen! Mit Gegrilltem, kühlem Landwein, viel Palaver, lustigen Anekdoten, einem „Tombe de Deux“ von der Bank und in unterschiedlichen Wachzuständen fand der Tag einen tollen Ausklang. Einer nach dem anderen zog sich zum Schlafen ins Zelt oder unter freiem Himmel in den Ufersand zurück.

8. Tag, Do 12. Mai

Um es kurz zu sagen, die Nacht war wenig schlafreich und hart. Lange vor der verabredeten Frühstückszeit waren fast alle wach und startbereit. Malo fachte den Grill wieder an, kochte Wasser ab und weckte uns mit Kaffeeduft. Der Weg für die Wanderer war in der zweiten Etappe um einiges anstrengender. weil verschiedene Stellen nicht mehr so gut abgesichert waren. Hier konnte jeder seine Prüfung in Trittsicherheit und Schwindelfreiheit ablegen und das griffige Profil seiner Wanderschuhe testen. An einer Stelle führte der Weg durch einen Kamin. Man musste über eingeschlagene Eisen nach oben klettern, den Rucksack abnehmen und auf dem Bauch liegend durch ein Loch robben. Auf der anderen Seite schaute man noch im Fels steckend in eine schwindelerregende Tiefe. Zwei Zentner-Leute hätten umkehren müssen. Trotz der Anstrengungen erlebten wir immer wieder faszinierende Momente, in denen wir tief beeindruckt waren von der herrlichen Landschaft. Für die Paddler war der Tag nicht gerade zum Bäume ausreißen. Es war frisch, und durch die immer wieder nass werdende Kleidung froren die Körper aus. Nur um warm zu werden, paddelten wir manche Strecke vor und zurück. Da wir die Wanderer wieder übersetzten mussten wir Pausen einlegen und konnten nicht durchpaddeln. Am Ende des Canyons bei Sauze fließt die Ardèche gemächlich dahin. Es war ein besonderes Erlebnis, nur unsere gleichmäßigen, sanften Paddelschläge zu hören, sonst nichts. In Sauze traf die Gruppe wieder zusammen und fuhr per Bus in zügiger Fahrt zum Campingplatz am Chassezac zurück. Um 21 h lagen die ersten schnarchend im Bett und schliefen bis zum nächsten Morgen 10 Stunden tief durch.

9. Tag, Fr 14. Mai

Trotz der gestrigen Anstrengungen entschieden wir uns heute für eine wunderbare, wenn auch nicht leichte Tour ins „Kleine Paradies“. Das Wetter sollte schlechter werden und wir hatten Angst, nicht mehr ins Paradies zu kommen, denn wer will das nicht. Doch zuvor verabschiedeten wir noch Werner während des Frühstücks mit dem Gedicht vom Wanderführer, einem Gemeinschaftslied und einem köstlichen Glas Sekt mit einem Schuss Kastanienlikör. „Kleines Paradies“ heißt die Flusslandschaft am Oberlauf des Chassezac. Der Fluss hat sich tief in den Fels eingegraben und sucht sich seinen Weg vorbei an, über und durch riesige Steinblöcke bergab. Verschiedentlich fällt das Wasser in kleinen Kaskaden in große Becken. Zu beiden Seiten des Flusslaufs ragen hohe Steilwände in den Himmel, die sich am Ende der Schlucht nicht auflösen wie an der Ardèche, sondern zu einer hohen Mauer bzw. einem Steilhang zusammenführen. Wir starteten bei Sonnenschein, aber schon auf der Hinfahrt trübte es ein und blieb den ganzen Tag so. Iris und Volker hatten im Vorhinein eine schwere und leichte Route ausgeguckt. Zwischenzeitlich war der Wasserstand aber angestiegen und die Routen nicht mehr so leicht gehbar. Wir mussten uns einen neuen Weg suchen, das war recht abenteuerlich, weil einige Steine glitschig waren und uns abrutschen ließen. Später waren die Steine trocken und es lief sich besser. Dennoch blieb es Abenteuer, den wir mussten durch dickes Gestrüpp, von Stein zu Stein springen, auf im Wasser liegenden Baumstämmen das Gleichgewicht halten und anderes mehr. Kurz vor dem Ende der Schlucht war eine große, schräge Steinplatte zu überqueren, die so manchen hadernd aufgeben ließ. Meine Bewunderung galt denen, die wie Gemsen über die glatte Fläche sprinteten. Alle Achtung! Fazit: Ohne Sonnenschein ist das „Kleine Paradies“ nicht so paradiesisch, aber erlebt haben muss man es doch. Auf dem Heimweg kehrten wir in Villesflores zu einer Tasse Kaffee ein und hatten von der Straße aus noch einmal wunderbare Einblicke in die Schlucht.

10. Tag, Sa 15. Mai

In der Nacht hatte es lange und fest geregnet und es sah weiterhin nach Regen aus. Nach dem Frühstück war Umzug angesagt. Wir zogen aus unseren Chalets in kleine Dreizimmerwohnungen mit Etagenbetten, weil die Chalets anderweitig vermietet waren. Wir verschlechterten uns nicht, nur unser abendlicher Gemeinschaftsplatz im Freien fehlte. Es war uns heute nicht nach Wandern. Der Großteil der Gruppe unternahm eine Fahrt ins Blaue, die nach Uzès und zum römischen Äquadukt Pont du Gard führte. Der Pont war Teil einer 50 km langen Wasserleitung, die das Wasser der Euro-Quelle bei Uzès auffing und nach Nimes leitete. Die Römer verstanden es stets, Nutzen und Kunst geschickt miteinander zu verbinden, so war der Pont Zweckbau und pittoreskes Baukunstwerk zugleich. Uzès ist ein kleines versponnenes Städtchen mit mediterranem Flair. Es war Samstag und die Lebensweise des Savoir vivre beeindruckte auch hier wieder. Man tätigte seine Einkäufe ohne Hektik und genoss anschließend einen Pastis bei einem Plausch mit Bekannten oder Freunden.

11.Tag, So 16. Mai

Die letzte Wanderung führte uns zur Serre de Barre, einem nahegelegenen Höhenzug. Auf der Fahrt zum Ausgangsort reservierten wir unser Abschlußessen in einem kleinen Restaurant in Chassenge. Dann fuhren wir über Les Vans nach Brahic, am Rande der Serre. Von dort wanderten wir bergauf durch Kastanien-, Kiefer- und Eichenwald zur Feuermeldestation auf der Kammspitze der Serre de Barre. Unterwegs sahen wir eingefallene Hütten und Trockenmauern. An einer Stelle konnte man auch gut sehen, wie früher die Esskastanien kultiviert wurden, indem man terrassenartige Plateaus anlegte und darauf die Kastanien anpflanzte. Die Kastanie war neben Wild das einzige Lebensmittel der ärmlichen Bewohner. Aus ihr wurde Mehl, Mus, Marmelade und Likör gemacht. Auch heute wird die Esskastanie noch intensiv angebaut und ist wie die Haselnuss im Piemont ein landwirtschaftliches Spezifikum der Region. Auf dem Kamm suchten wir uns ein schönes Picknickplätzchen mit guter Weitsicht nach allen Richtungen, aßen unser Mitgebrachtes und hielten ein Mittagsschläfchen im Gras. Die Sonne schien angenehm warm, es duftete und zahlreiche Insekten summten um uns herum. Der Rückweg folgte zunächst einem schmalen Waldpfad, später einem geschotterten Fahrweg. Wir begegneten einer Ziegenherde mit einem freundlichen schwarzen Wachhund und sahen zahlreiche Orchideen. In nachhaltiger Erinnerung wird uns ein kleiner Junge auf einem Kindermotorrad bleiben, der uns mehrmals in rasanter Geschwindigkeit überholte und sichtlich stolz auf sein Können war. Auf der Heimfahrt leisteten wir uns in abendlicher Stimmung eine Querfeldeinfahrt auf abgelegenen Landwirtschaftswegen, die wie in Mallorca von Trockenmauern begrenzt waren. Sie wird mir auch unvergesslich bleiben. Wir schlossen den Abend mit einem guten Menü in einem urigen Restaurant und um Mitternacht mit einem Ständchen für unser Geburtstagskind Willi ab.

12.Tag, Mo 17. Mai

Die Gruppe war stets diszipliniert, so dass es kein Wunder war, dass wir an diesem Morgen schon vor der festgelegten Zeit die Heimfahrt antreten konnten. Ein letztes Frühstück, ein letzter Blick auf den Chassezac, ein letzter Stopp am Tante-Emma-Laden, ein letzter Blick auf die traumhaft schönen Schwertlilien und los ging’s über Landstraßen auf die Autobahn nach Norden. Die erste Rast war noch trocken. Aber danach fing es zu regnen an und hörte erst kurz hinter Karlsruhe wieder auf, so dass die Heimfahrt für die Fahrer recht anstrengend war. Wenn ich zurückblicke, dann war das der einzige Wermutstropfen an der erlebnisreichen Reise.