7. bis 16. / 17. Juni 2008

Den Hauch der Historie erlebten 14 Wormser auf den Spuren der Katharer. Vom 11. bis 16. Jh. war das Pay d’Oc (heutiges Ariège und nördliches Katalonien) die Hauptregion der Katharer. Sie prangerten den Reichtum der offiziellen Kirche an. Papst Innozent III. rief 1209-1229 zum ersten und einzigen Kreuzzug auf, der je gegen ein christliches Land geführt wurde. Die letzten Katharer, die vor Gefängnis und Tod fliehen konnten, versuchten über versteckte alte Pfade zu entkommen. Durch Berge und wilde Schluchten erreichten sie katalanischen Boden...

Dieser grenzüberschreitenden Route folgend wurde der Cami erst vor ca. 10 Jahren wiederbelebt und als GR 107 markiert. Es gibt noch keine deutschsprachige Wanderliteratur. Wer dem historischen Weg folgt, schreitet „auf den Spuren der Katharer“ über die selben Pyrenäenwege, entdeckt dieselbe Landschaft wie die letzten von der Inquisition verfolgten „Bons Hommes“. Auf spanischer Seite führte uns der historische „Cami dels Bons Homes“ von Berga, dem heiligen Ort von Queralt durch den Nationalpark Sierra del Cadi Moixero über die Portella Blanca auf 2.520m nach Frankreich. Ab hier „Chemin des Bonhommes“ genannt, verläuft der historische Weg durch die imposante „Gorges de La Frau“, die sogenannte „Angst-Schlucht“ zu den berühmten Katharer- Burgen von Montségur und Roquefixade durch eine faszinierende Pyrenäenlandschaft. Unser Freizeitaktiv Spezialist Werner Amann stand schon am Flughafen zum Transfer in das 2 Stunden entfernte piktoreske Bergdörfchen Berga bereit.

Unser Ausgangspunkt, das Kloster Queralt oberhalb von Berga, wegen seiner exponierten Lage „Balcon de Catalunya“ genannt, bot uns gleich zu Beginn einen fantastischen Blick über das spanische Pyrenäenvorland. Wir starteten am frühen Nachmittag gleich mal mit einer 5stündigen Etappe, einem schweißtreibenden Anstieg von Espinalbet über das Santuario de Corbrera zum Coll de la Pomera und zum verlassenen Bergdörfchen Peguera. Im wunderschönen Masia Cal Metge mit tibetischem Garten und einem liebenswerten Gastgeber wären wir gerne noch länger geblieben.

2. Tag: Uns erwartete uns ein knackiger Aufstieg, gut 8 Stunden mit beeindruckendem Bergpanorama am Fuß des imposanten Felsen „Roca gran del Ferrus“. Am schönen Bergpfad durch die Serra de les Comes gab es zwei erfrischende Quellen. Nach 21 km gönnten wir uns durch Werner’s Transfer eine kleine Abkürzung von 7 km bis Gosol. Hier gabs erst mal „Claras“ (Radler) und einige mussten natürlich noch zum Castell de Gosól aufsteigen um die Katharerruine zu besichtigen. Ein Denkmal im Ort erinnert an Picasso, der hier eine zeitlang lebte. Unser uriges Albergo Moli de Gosol lag malerisch und ruhig am Bergbach. Nach dem hin und her der Männlein-, Weiblein-, Schnarcher-, Nichtschnarcher-Stockbettenlageraufteilung gab es ein leckeres spanisches Hüttenessen von Katalanen Roger.

3. Tag: Ab dem Coll oberhalb von Gosol sind wir 9 Stunden durch die Sierra del Cadi Moixero unterwegs. Vorbei an der Pedraforca, der „Steingabel“, einem der originellsten Berg der Pyrenäen. Zur Mittagsrast versorgte uns Werner, an einem Zwischenstück befahrbarem Waldweg mit Picknick und guter Laune. Ein Gewitter zieht auf, streift uns aber glücklicherweise nur kurz. Wir steigen steil hinab auf den Talgrund, um auf der andern Seite noch steiler an schönen Wasserfällen vorbei durch eine fantastische Klamm zum Refugi de Sant Jordi hinauf zu steigen. Das Refugi ist eine sehr einfache traditionelle Berghütte mit familiärer Betreuung. Mit unserem DAV-Ausweis werden wir als Federados begrüßt und zum halben Preis im Lager aufgenommen. Unvergessen bleibt mir Herbi’s ungläubige Mine, als der Hüttenwirt auf die Frage nach den Toiletten nach draußen verweist – „ja wo draußen?“ Mit breiten Grinsen „tja, überall, halt“. Das Baumaterial für die sanitären Anlagen lag schon bereit.... Zum Abendessen stand ein deftiger großer Eisentopf auf dem Tisch und es wurde ein uriger Abend am Kamin.

4. Tag: Heute lassen ist unser Genießer-Tag, mit 9 km nur eine Halbtagsetappe und viel Zeit für die Fotografen. Der Aufstieg vom Refugi zum Coll de Pendis ist trotzdem anstrengend, denn der versprochene neu angelegte Fußweg ist leider noch nicht fertig und vom Regen total schlammig. Nach nur 2 Stunden wartet im Refugio de Cortals ein vorbestellter leckerer Braten mit großem Salatteller auf uns. Wir nehmen den einfachen Abstieg direkt nach Bellver de Cerdanya und fallen erstmal in ein urtypisches katalanisches Kaffee ein. Auch hier finden wir uns wieder in einem mittelalterlichen Städtchen auf einem Hügel. Im 12. Jh. wurde der Ort von den Contes de Foix gebrandschatzt. Die Katharer suchten hier Zuflucht vor der Verfolgung der Inquisition. Kurzer Transfer zum Hotel. Wir werden im komfortablen 3- Sterne Gourmet-Hotel Montana mit Pool und Sauna, Badezimmern mit Fön und einem speziellen Sekt-Empfang für unsere Gruppe verwöhnt. Nur den Gourmet-Koch vermissen wir leider etwas, es gibt kein reichhaltiges Buffet, da noch Vorsaison ist. Trotzdem genießen wir den fast schon ungewohnten Luxus und ungetrübte Völlerei, bei den nächsten Etappen geht der Speck garantiert weg...

5. Tag: Die Königsetappe über die 2.521m hohe Portella Blanca. Wir wurden schon vorgewarnt, sie heißt nicht umsonst die „weiße“ Pforte... Im Transfer gibt es erstmal einen Stopp an einen Mineralquelle für die bevorstehenden 24 km und über 1000 Meter Aufstieg brauchen wir genügend Trinkwasser bester Qualität. Bei einer alten Kapelle beginnt der moderate aber stetige Aufstieg durch das Vall de la Llosa. Ein schöner Bergpfad inmitten freilebender Pferdeherden, Kühen mit Kälbchen und respektablen Torros bis zur Nothütte Canbana des Espavers. Die „Nothütte“ ist ein fensterloser etwa 3x3x1,5m niedriger primitver Steinkral auf Naturboden, den wir glücklicherweise nicht nutzen müssen. Hier quert der GR 11 unseren Camino. Kurz darauf erreichen wir die Schneegrenze und steigen weitere zwei Stunden durch die Hochgebirgs Region. Die letzten Meter zur Portella Blanca und auch im oberen Abstieg stapfen wir durch eine geschlossene Schneedecke. Um 1 Uhr Mittags stehen wir glücklich und stolz auf dem schneeweißen Paß am Dreiländereck zwischen Spanien, Andorra und Frankreich mit fantastischer rundum Aussicht. Ab jetzt sind wir auf dem französische „Chemin des Bonhommes“. Es geht noch 9 km hinab durch das schöne Vallee du Campcardos. Durch den vielen Regen müssen wir jede Menge Schmelzwasserbäche queren, was uns vor so manche Herausforderung stellt. Höchst erfreut begrüßen wir zwei Stunden später Werner, der uns mit einem PickNick bei einer kleinen BergHütte erwartet. Gestärkt treten wir den restlichen Abstieg zu unserer Gite Equi Libre in Porta an; ein einfacher Reiterhof mit Stockbettenlagern.

6. Tag: Die Meisten unserer konditionsstarken Truppe, treten auch die zweite Königsetappe der Tour an über 18 km, 900 Auf- und fast 1300 Abstiegsmetern. Ab l'Hospitalet d'Andorre, nehmen wir die Variante des GR 107C. Eine weitere landschaftlich außergewöhnlich schöne und wilde Etappe führt uns über das Refuge und die Porteille des Besines. Mufflons aus Corsica wurden 1957 im Massif Carlit angesiedelt. Es soll hier unzählige davon geben, leider haben wir vielleicht wegen des naß-grauen Wetters keine gesehen. Das traumhaft schön gelegene moderne Refuge wäre eine ganze Woche Aufenthalt wert mit abwechslungsreichen Wanderungen. Auch die Porteille des Besines ist schneebedeckt und empfängt uns mit grauen Nebelschwaden. Glücklicherweise wird es weiter unten wieder sonnig. Die beiden nächsten Übernachtungen sind wir im Chateau de Camurac untergebracht. Camurac liegt im Land Sault an den Nordhängen der französischen Pyrenäen, unweit des Katharerwegs. Wir haben einfache Zimmer im alten Gemäuer mit zweckmäßig renovierter Inneneinrichtung und einen gemütlichen Gemeinschaftsraum. Wir werden sehr freundlich vom Schlossherrn persönlich bewirtet, ein Holländer und guter Koch.

7. Tag: In schönstem Sonnenschein steigen wir im Anfang der 16 km Tour durch blühende Ginsterhänge auf und queren das Plateau de Sault des Ariège. Im Refuge di Chioula kehren wir ein und freuen uns über Kaffe und den Geburtstagskuchen für unsere Uta. Über den Coll de Balaque kommen wir im Nebel und leichtem Nieselregen bis zur Ruine Montaillou. 1244 verlor Burgherr Bernard d'Alion all seine Güter wegen seines Engagements für die katharische Lehre und seines Beistandes bei der Verteidigung von Montségur. Bernard wurde wegen seines Glaubens 1258 von der Inquisition in Perpignan bei lebendigem Leibe verbrannt.

8. Tag: Heute können wir es bei nur 13 km gemütlich angehen lassen. Die vielen „Foto-Maniacs“ kommen mit einer Flut von Orchideen und Waldblumen voll auf ihre Kosten – leider etwas nervig für die in der kühlen Schlucht wartenden Kameraden. Das nächste Highlight erwartet uns, die spektakulären „Gorges de la Frau“, die „Angst-Schlucht“. Im mäßigen Abstieg geht es durch die enge felsige Schlucht. Werner erwartet uns auf einem Picknick-Platz am Schluchtausgang wieder mit einer fürstlichen Vesper. Leider ist der steile Aufstieg nach Montsègur total verschlammt und wir sparen uns dieses Stück. Nur unser unentwegter Joachim lässt sich nicht davon abhalten, nimmt die Schlammschlacht in Kauf und geht den Büßerweg. Vom Parkplatz am Fuß der sagenumwobenen Festungsruine nehmen wir den steilen und felsigen Aufstieg zum letzten großen Zufluchtsort der mysteriösen Katharer wieder auf. Sie beherrschte die umstrittene Geschichte und Kultur dieser Region im frühen Mittelalter. Am 2. März 1244 mußte auch diese fast uneinnehmbare Burg vor dem Kreuzritter-Heer kapitulieren. Die Flüchtlinge wurden von den Inquisitoren vor die Wahl gestellt: lebenslängliche Kerkerhaft bei Bekenntnis zur offiziellen Kirche oder Verbrennung. Über 200 Katharer wählten den Tod in den Flammen, zum Erstaunen der Kreuzfahrer, bestiegen auch fünfzig Burg-Verteidiger, denen freier Abzug zugesichert war, mit ihren Schützlingen den Scheiterhaufen. Am Fuß des Montsègur liegt die „Prat dels Cremats“, die 'Wiese der Verbrannten’. Das Hotel Coquet versetzt uns kurzfristig in die Vorkriegszeit zurück mit Madam, charmantem Mobiliar und diversen besonderen Ausstattungsdetails... Wir dürfen eine Hochzeitsgesellschaft vor der Dorfkirche bestaunen und haben das Glück, dass heute ein katalanisches Traditionsfest zu Ehren der verfolgten Katharer stattfindet. Viele Katalanen sind mit okzitanischen Flaggen angereist und wir erleben ein ungewöhnliches nächtliches Freilichtspektakel am Fuße des Montsègur.

9. Tag: Die letzte 15 km lange Wanderung auf dem „Sentier Cathares“ führte uns durch das Pays d'Olmes über Montferrier. In stetigem auf- und ab über das waldige Pyrenäen-Vorgebirge. Die Waldwege sind teilweise sehr naß und Petra und Rolf versinken bis zu den Knöcheln im Schlamm. Für Petra so kräftezehrend, dass ein Powergel sie wieder auf die Beine bringen muß – festgehalten in einer einzigartigen Bilddokumentation... Auf einer steilen Felsklippe, hoch über dem Tal, erhebt sich das Chateau Roquefixade. Seinen Namen bezog das Chateau von dem steilen, „gespaltenen Felssporn“ - „roca fisade“. Es wurde auch als das „himmlische Carcassonne“ bezeichnet, kaum zu erobern auf der steilen Felsenklippe gelegen. Während der Kreuzzüge diente das Chateau vermutlich als Rückzugspunkt der Katharer. Unsere schöne Gite d’Etape de Roquefixade liegt direkt am Wanderweg unterhalb der Burgruine.

10. Tag: Zum krönenden Abschluß gönnen wir uns noch einen Tag in Carcassonne und besichtigen die außergewöhnlich schöne Cité, Weltkulturerbe und ehemaliges Katharerzentrum. Insgesamt hat die Trekkinggruppe in 9 Wandertagen 150 km faszinierende Pyrenäenlandschaft erwandert, schweißtreibende 7.000 Höhenmeter erklommen und fast die gleiche Distanz kniebelastender Abstiege bewältigt.

Eine stolze Leistung einer konditionsstarken und humorvollen Truppe! Es war schön mit Euch.

Eure Wanderleiterin Iris Ostermayer

Edda und Joachim, Karo und Herbi, Marlo und Dieter, Petra und Dirk, Iris und Thomas, Uta und Fritz, Silke, Rolf und Werner.