Alpenüberquerung von Oberstdorf nach Meran vom 16. bis 22. August 2017

Vierzehn bergsportbegeisterte Sektionsmitglieder waren unter der Führung von Gerhard Muth zu diesem Abenteuer gestartet.

1. Tag: Spielmannsau – Kemptner Hütte Nach der gemeinsamen Bahnanreise von Worms nach Oberstdorf und einem verspäteten Weißwurst-Frühstück starteten wir pünktlich am Bahnhof Oberstdorf. Wandertaxis brachten uns zum eigentlichen Startpunkt, der Spielmannsau im Trettachtal.

Rucksack auf den Rücken, ein letzter Blick zurück Richtung Oberstdorf und los geht es. Schnell erreichten wir die Talstation der Materialseilbahn, die die Rucksäcke hinauf zur Kemptner Hütte, unserem heutigen Etappenziel, transportierte. Ohne jeglichen Rückenbalast stiegen wir durch den Tobel des Sperrbachs bergauf. In den vergangenen Tagen hatte es kräftig geregnet und so trat nun überall Wasser aus den Bergflanken aus. Der Steig war aufgeweicht und rutschig – Vorsicht war geboten! Schwierige Passagen waren mit Drahtseilen versichert, die dann zur eigenen Sicherheit konsequent genutzt wurden. Im oberen Drittel weitete sich der Sperrbachtobel und bald hatten wir das Tagesziel vor Augen. Auch der letzte Anstieg wurde gemeistert und so erreichten wir die auf einem Plateau unterhalb des Kratzers gelegene Kemptner Hütte.  

2. Tag: Kemptner Hütte – Memminger Hütte Über das Mädelejoch aufsteigend ging es hinüber in das österreichische Bundesland Tirol. Das gelb-schwarze Grenzschild markierte auffallend die Staatsgrenze. Auf felsigem Steig ging es zügig hinunter zur Roßgumpenalpe und von da ab dem talwärts fließenden Höhenbach folgend bis zum Cafe Uta. Hier galt es zu entscheiden: Weiter auf unspektakulärem Weg entlang des Höhenbachs, oder auf dem zeitlich etwas längeren und über eine Seilhängebrücke führenden Weg zum Zwischenziel Holzgau im Lechtal? Kurzerhand entschieden wir uns für die Schaukelvariante. Schnell hatten wir die 200 Meter lange Seilhängebrücke erreicht. Sie überspannte die 110 Meter tiefer liegende wildromantische Höhenbachschlucht. Fantastisch der Blick hinunter! Trotz der seitlichen Abspannungen der Brücke blieben die Schwingungen nach links und rechts nicht aus. Auf der anderen Talseite angekommen, musste der Gleichgewichtssinn erst wieder zur Ruhe kommen, bevor uns eine Anrainerstraße durch grüne Wiesen in den Talort führte. Wandertaxis brachten uns in 40 Minuten zur Talstation der Materialseilbahn der Memminger Hütte im Parseiertal. Aus dem geplanten Aufstieg ohne Rückenlast wurde jedoch nichts, denn der Rucksacktransport fiel wegen Lebensmitteltransporten zur Hütte. aus. Durch dichten Bewuchs und Latschen ging es recht steil hinauf. Mit zunehmender Höhe verändert sich die Vegetation und wechselt in offenes Bergwiesengelände mit wunderschönen Rastplätzen, herrliche Rundblicke inbegriffen. Eine felsige Steilstufe, über die das Wasser herab stürzte, baute sich vor uns auf und musste umgangen werden. Schon bald erreichten wir den gewaltigen Kessel an dessen Rand die Memminger Hütte lag. Trotz Rückenlast hatten wir den Aufstieg von 700 HM bravourös geschafft.

3. Tag: Memminger Hütte - Zams Wenig geschlafen in der Nacht zuvor und dann dieses Tagesprogramm: 400 HM Anstieg, denen dann 1.800 HM Abstieg folgten bei einer Tagesstrecke von knapp 18 km. Wir durchquerten den großen Kessel in Richtung Seeschartenspitze. Durch ein Kar stiegen wir wir über Geröllabgänge, Gesteinsinseln und durch Blockwerk der Seescharte entgegen. Rechts unter uns waren die drei Seewiseen, in denen sich die umgebenden Gipfel spiegelten, sichtbar. Die enge Schlusspassage vor der Scharte war seilversichert. Der Durchstieg des engen Übergangs von der nördlichen auf die südliche Bergflanke war mit leichter Kletterei verbunden und wurde problemlos gemeistert. Schlagartig schien uns die aufsteigende Morgensonne ins Gesicht. Hier war eine Pause Pflicht! Nun folgte der Stunden dauernde Abstieg mit Ziel Zams im Inntal. Über Geröllhänge und durch Latschen führte uns der Weg zur Oberen Lochbachalm, dem einzigen Rastplatz auf dieser Etappe. Ein Tiroler Brotzeitteller brachte verbrauchte Energie zurück. Dem rauschenden Lochbach folgend passierten wir die Untere Lochbachalm, herrlich gelegen in einem lichten grünen Lärchenwald. Im Übergang wurde das Lochbachtal immer enger; der nun nicht mehr sichtbare Bach hatte sich tief in das Tal eingeschnitten. Der weiter talwärts führende Weg – ursprünglich für den Viehtrieb aus dem Fels herausgesprengt – zog sich in einer langen nicht enden wollenden Passage, dem Zammer Loch, um das steil aufragende Felsmassiv. Bald konnten wir hinab ins Lechtal auf Landeck und Zams blicken. Bei der Märchenwiese oberhalb von Zams noch eine letzte Erholungspause, und dann in Serpentinen zum Ziel, der Bäuerinnenkapelle im Talort. Die Wartezeit bis zum Taxitransfer zu unserem Quartier in Imst überbrückten wir, mit Kühlen unserer brennenden Füße in dem neben der Kapelle stehenden kalten Wassertrog. Welch eine Wohltat!

4. Tag: Zams – Braunschweiger Hütte Beim Aufwachen hörten wir schon den niederprasselnden Regen. Der Blick in die Wetter-App zeigte anhaltenden Regen bis in den späten Vormittag an. Kurzerhand strichen wir die für den Vormittag geplante Tour – Wanderung über den Venetberg nach Wenns – und blieben im Hotel. Gegen Mittag setzte dann langsam eine Wetterbesserung ein. Taxis brachten und nach Wenns und von dort – wie planmäßig vorgesehen – nach Mittelberg im Pitztal zur Endhaltestelle nahe dem Talschluss. Es regnete nun nicht mehr, aber noch immer hingen Wolkenfetzen an den Berghängen und der kalte Nordwind war kein geeigneter Stimmungsaufheller. Auf der ansteigenden Fahrstraße erreichten wir die Gletsscherstube und an der unmittelbar daneben liegenden Talstation der Materialseilbahn der Braunschweiger Hütte verluden wir die Rucksäcke und starteten die Bahn. Minuten später setzte der Regen wieder ein. Über den steilen Wasserfallweg, von aus man bei gutem Wetter die ins Tal schießenden Wassermassen des Gletscherabflusses sehen kann, stiegen wir im stärker werden Regen der Hütte entgegen. Eine längere, technisch schwierige Passage war glücklicherweise seilversichert. Nach zwei Stunden kamen wir durchnässt auf der Hütte an. Der erhoffte Blick auf die Pitztaler Gletscherwelt blieb uns verwehrt. Wir stellten uns die Frage, ob wir angesichts des Wetters morgen weiter gehen können. Abwarten!

5. Tag: Braunschweiger Hütte - Martin-Busch-Hütte Heute sollte der anstrengenste Tag der gesamten Tour werden. 7 – 8 Stunden Gehzeit, 1.070 HM im Aufstieg und 1.570 HM im Abstieg sind zu bewältigen. Dazu eine Gesamtwegstrecke von 23 km. Beim 06 Uhr-Frühstück sahen wir aus der Stube, dass draußen alles überzuckert war. In der Nacht hatte es leichten Frost gegeben. Gehen oder Bleiben? Wir bezogen den Hüttenwirt mit ein. Er riet zum Aufbruch und empfahl, den weniger schwierigen Weg über das Rettenbach-Joch zu nehmen.

Tiefhängende Wolken, Nebel und Graupel waren unsere Begleiter beim Aufstieg zum Joch, das wir dann auch zügig überschritten und am Rand des Rettenbachferners zum Parkplatz abstiegen. Ein Shuttlebus brachte uns in wenigen Minuten durch den Rosi-Mittermaier-Tunnel zur Ausstiegsstelle am Höhenweg Richtung Vent. Auch dort Nebel und eingeschränkte Sicht. Nach der Hälfte der Wegstrecke gab es erste größere Wolkenlücken mit zaghaften Sonnenstrahlen und Tiefblicke in das Venter Tal waren möglich. Je näher wir Vent kamen, umso mehr besserte sich das Wetter. Nach einem Mittagsimbiss im Bergsteigerdorf Vent gingen wir den langen unschwierigen Aufstieg zur Martin-Busch-Hütte an. Stetig ansteigend, dabei immer den Similaun im Blick, ging es der Hütte entgegen. Eine abgegangene Mure hatte den Weg versperrt. Wegen instabilem Hang war eine Umleitung eingerichtet, der wir folgen Spät und erschöpft erreichten wir das Tagesziel, die Martin-Busch-Hütte.

6. Tag: Martin-Busch-Hütte – Tisenhof b. Vernagt im Schnalstal Die heutige und letzte Etappe konnten wir entspannt angehen, denn die Tagesgehzeit betrug nur 4,5 Stunden. Die Morgensonne stand noch tief. Im kalten Bergschatten stiegen wir durch das Niedertal der Similaunhütte entgegen, die man bald am Horizont erkennen konnte. An der Abzweigung zur Ötzi-Fundstelle gingen wir bewusst unseren Weg weiter gerade aus und erreichten am späten Vormittag die auf dem Niederjoch in 3.019 Metern Höhe gelegene Similaunhütte und damit den höchsten Punkt der Tour. Großartig die Aussicht von dort auf die vor uns liegende nähere und weiter entfernte Bergwelt. Wir sogen dieses Panorama in uns auf und stiegen dann mal mehr, mal weniger steil die 1.200 HM bis zum Tisenhof ab, dabei den türkisfarben leuchtenden Vernagtstausee immer vor Augen. Am Ende der Tour war eine Schlusseinkehr auf dem Tisenhof Pflicht. Die Anspannung wich und mit einem herzlichen „Berg heil“ beglückwünschten wir uns gegenseitig. Geschafft! 6 Tage, 3 Länder, 4.750 HM im Aufstieg und 5.450 HM im Abstieg und eine Gesamtstrecke von 77,5 km. Alle waren glücklich, dieses Abenteuer gewagt und bewältigt zu haben. Taxis brachten uns dann zu unserem letzten Quartier, dem im Zentrum von Meran unweit der Passer-Promenade und der Laubengasse gelegenen Hotel Europa Splendid.

Keine Hütte mehr? Ja, hier waren wir bestens untergebracht. Am Nachmittag blieb noch ausreichend Zeit einen individuellen Streifzug durch Merans Innenstadt zu machen. Das Abendbuffet im stilvollen Speisesaal des Hauses sollte nochmal ein Glanzpunkt dieser Woche werden. Bei Südtiroler Wein ließen wir diese besondere Bergwanderwoche noch einmal Revue passieren. Es war eine schöne, aber körperlich sehr anstrengende Tour. Dies auch deshalb, weil die Etappen ab dem dritten Tag immer fordernder wurden. Das Fernsehen bringt die schönsten Bilder einer Alpenüberquerung ins Wohnzimmer. Anstrengunen, Erschöpfung, Muskelkater und auch die brennenden Fußsohlen kann man dabei nicht vermitteln. Das erlebt man erst, wenn man mit dabei ist.

7. Tag: Bus-Transfer nach Oberstdorf Während des Bus-Transfers zurück nach Oberstdorf wusste unser Fahrer Interessantes aus und über seine Heimat Südtirol, insbesondere den Vinschgau, zu berichten. In Oberstdorf kamen wir früher als erwartet an, so dass bis zur Bahnrückfahrt nach Worms noch genug Zeit für einen Bummel durch die kleinen Geschäftsstraßen blieb.