27.01. – 03.02.2008

Unter der Schirmherrschaft der DAV-Sektion Worms machte sich ein Fähnlein Wanderfreunde auf den Weg nach Oberhof, dem Wintersportort mit langer Tradition in herrlicher Landschaft und Umgebung des Thüringer Waldes. Die Idee, die Planung und Organisation lag wieder einmal in den bewährten Händen von Werner Pfisterer und Inge Zöller. Der Start der Reise wurde durch einen Augenschmaus eingeleitet. Das Reisebus-Unternehmen Müller aus Biblis holte den Reisebus der Deutschen Frauenfussball – Mannschaft - unsere Weltmeister -aus der Halle, lenkte das Gefährt zum Zuladen über Bockenheim und Worms, bevor uns das lange Band der Autobahn die Richtung gen Osten wies.

Der erste Zwischenhalt: Eisenach - Im Herzen Deutschlands

Anfang des 13. Jhdts. war die Wartburg der Schauplatz des berühmten Wettstreits der Minnesänger, dem Richard Wagner in seinem „Tannhäuser“ ein musikalisches Denkmal setzte. Martin Luther studierte in Eisenach und übersetzte hier im Schutze des Herzogs von Sachsen auf der Burg das Neue Testament. Das Wartburgfest der Deutschen Burschenschaften 1817 bildete ein Meilenstein in der Entwicklung des Nationalgefühls. Romantische Verklärung hat Moritz von Schwind die Hand geführt, dem Maler der großartigen Fresken im Landgrafenhaus der Burg: Die Darstellung höfischen Lebens mit dem Sängerstreit als Höhepunkt atmen den Zeitgeist des 19. Jhdts. Der Besuch der Burg und die Einkehr im Burg-Restaurant nutzten Mitglieder unserer Gruppe zur Stärkung mit einer Thüringer Brautwurst mit Kraut und Kartoffelpüree.

Zurück auf die Autobahn

Die E40 verlassen wir jedoch wieder über die Ausfahrt „Gotha-Boxberg“ und erreichen, über Ohrdruf fahrend, Oberhof. Schnee ist der Stoff, aus dem in Oberhof die Träume sind. Das gilt für Spitzensportler wie für Winterurlauber. Das 830 m hoch gelegene Oberhof ist eines der bekanntesten Wintersportzentren. Blauschwarz verkleidete Häuser mit schwarz gedeckten Dächern verleihen den Dörfern des Thüringer Schiefergebirges einen unverwechselbaren Charakter. Im Gebiet zwischen Rennsteig und Schwarzatel gedeihen besonders viele Heilpflanzen und Wildkräuter. Aus Kräutern, Früchten. Wurzeln und Rinden stellten Kräuterfrauen Schnäpse und Arzneien her. Reisende Olitätenhändler, auch Buckelapotheker genannt, Trugen Pillen und Essenzen in hölzernen Rückgestellen bis in ferne Länder.

Tagesausflug nach Gotha

Ihren mittelalterlichen Wohlstand hatte die Stadt am Nordrand des Thüringer Waldes dem Blaufärbemittel Waid zu verdanken. Gotha wurde 1640 zur Residenz, als durch Erbteilung das Fürstentum entstand. Den Stellenwert als Museumsstadt leitet Gotha insbesondere von den faszinierenden Sammlungen in Schloss Friedenstein ab. Die Wasserkunst am Schlossberg wird von einem Pumpwerk im Cranach-Haus mit der gefiederten Schlange als Hausmarke am Hauptportal gespeist. Das Ekhof-Theater im Schloss hat noch die originale Bühnentechnik aus dem 18. Jhdt und wird während der Sommerfestspiele genutzt.

Mythos Rennsteig

Ursprünglich ein Grenzweg, leitet sich der Name von „rennen, rinnen“ ab; eine schnelle Gebirgsroute für Läufer und Reiter. Trasse wurde nach Gründung der Rennsteig-Vereine mit 168 km festgelegt. Bedeutung erlangte er auch für Reisende und das Militär.

Was kann das Fähnlein Wanderfreunde berichten?

Von unseren Wanderungen, die wir an fünf Tagen unternahmen - anfänglich über vom Tauwetter verschonte Schneeflecken, zum Ende unserer Wanderwoche mit einsetzendem Schneefall jedoch durch märchenhafte Wälder und über aussichtsreiche Höhewege - möchte ich für meinen Reisebericht eine Auswahl treffen, die die ereignis- und erlebnisreiche Woche besonders beschreiben und in ihrer Auswirkung auch das Gruppenerlebnis würdigen.

Zur Eingewöhnung und Akklimatisierung an die Höhenlage begingen wir am ersten Tag leichte Waldwege im unmittelbaren Einzugsgebiet von Oberhof. Wir waren beeindruckt von den Sportanlagen mit den Laufstrecken, dem Biathlonstadion mit den Schiessständen (ein Hochleistungskomplex für den Wintersport, hervorgegangen aus dem Armeesportclub Oberhof, heute Sportkompanie der Bundeswehr) und treffen auf den Rennsteig am Grenzstein „Grenzadler“. Als unser Wandergebiet 1866 an Preußen fiel, setzte man an markanten Punkten Grenzsteine mit dem preußischen Adler. Diese aus Bronze gegossenen Bilder wurden 1945 entfernt, sind seit 1991 wieder auf den Grenzsteinen zu sehen. Geruch von Rauch aus Grillstätten signalisierte Nase und Zunge „Hier wird Grillwurst angeboten“. Nicht irgendeine Wurst, sondern echte „Thüringer Bratwürste“, die sich in unseren heimischen Gefilden nur „Bratwürste Thüringer Art“ nennen dürfen. Duft schnuppern und probieren waren ein Schritt. Es schmeckte ausgezeichnet in der kühlen Winterluft zum Ende eines Wandertages.

Ohretalsperre, Luisenthal

Von der Bushaltestelle verfolgten wir die Ohrdrufer Landstrasse bis zur „Oberen Schweizer Hütte“. Einige Meter weiter ist der Komplex der Schanzen am Wadeberg zu sehen. Von der Schweizer Hütte aus erreicht man den Silbergraben, aber auch den Zielbereich der Rennschlittenbahn. Durch eine sehr alte und schöne Ahornalle erreicht man den Weg zur Ohratalsperre. Mit den Bau des ersten Steinschüttdammes – gestärkt mittels Porphyr- und Zementeinspritzungen - der DDR begann man 1960. Der Magadam-Belag wurde 1997 erneuert. Der ständige Wassermangel des nördlichen Thüringer Waldes erforderte diese Maßnahme. Auf einer Fläche von heute 88 ha werden 19,2 Mio. m3 Trinkwasser gestaut. Über 1 Mio. Abnehmer mit steigenden Ansprüchen in den Städten Erfurt, Weimar, Jena, Gotha sowie zahlreiche Gemeinden leben von diesem Wasser. Durch ein Stollensystem = Gerastollen wird heute das Wasser der Bergbäche Hasel, Zahme und Wilde Gera, Kehltal sowie Sieglitz und Steinige Lütsche in das Staubecken mit eingeführt. Der Wanderweg im Bereich des Ufers offenbarte uns diese großartige technische Leistung der Mitarbeiter des Bergbauamtes.

Über Rennsteig zum Grossen Beerberg und zur Schmücke

Um den parallel zur B 247 verlaufenden Wanderweg zu meiden, nehmen wir vom Zentrum Oberhof aus den Bus bis zum Rondell. Hier erinnert das Forstabeiter-Denkmal an eine der großen Waldkatastrophen Thüringens. Ein schwerer Sturm vernichtete im Juni 1946 fast den gesamten Altholz-Bestand im Rennsteig-Gebiet zwischen Oberhof und der Schmücke. Mit einer Aktion „Rettet den Thüringer Wald“ wurde unter sehr schwierigen Bedingungen das gefallene Holz aufgearbeitet und die Brachflächen frisch angepflanzt. Diese Arbeiten wurden von sowjetischen Militäreinheiten unterstützt. Sie werden mit der Darstellung eines Soldaten und einer Pflanzfrau im Denkmal geehrt und gewürdigt. Am Rondell beginnt auch die Rennsteighöhenstrasse. In der Mitte einer Straßenkreuzung erhebt sich ein hoher Obelisk, der an den Bau einer neuen Straßenführung 1830 erinnert. Der Obelisk trägt die Wappen anliegender Herzogtümer, die Sächsische Raute, die Henneberger Henne und den hessischen Löwen. Strasse und Denkmal symbolisieren die sich herausbildende wirtschaftliche Einheit Deutscher Lande. Sie führte schließlich 1834 zum Wegfall der Zollschranken zwischen 19 deutschen Staaten (Zollunion). Unser weiterer Wanderweg ist ein uriger Pfad, der an manchen Stellen nass und versumpft ist, dann aber über einen Forstweg in die Suhler Ausspanne mündet. Hier wurden die Vorspanndienste, die an beiden Seiten des ansteigenden Handelsweges geleistet wurden, beendet (Ausspanne = Pferdewechsel) .

Wir umgehen den Gipfel des Grossen Beerbergs bis zur „Plänkners Aussicht“, leicht oberhalb des Rennsteigs. Bei gutem Wetter schweift der Blick bis zur Wasserkuppe in der Rhön. Unser Weg geleitet uns durch das Beerbergmoor, ein seit mehr als 50 Jahren geschütztes Biotop. Etwas traurig über den heutigen Ruhetag der Skibaude Suhler Hütte, setzen wir unseren Weg zur Schmücke fort. Hier an der Wegkreuzung zwischen Oberhof, Gehlberg, Schmiedefeld und Suhl, befand sich um 1800 das Viehhaus einer Pferdezucht. Die Pächter haben seit 1812 die Gast- und Herbergsgerechtigkeit. Heute hat das Anwesen sich zu einem stattlichen Gasthaus und Pensionsbetrieb gemausert. Auch passionierte Wandersleute schätzen bei widrigen Wetterverhältnissen eine Fahrt im wohligwarmen Bus, der uns nach Oberhof retournierte. Den Tagesausklang und Überleitung zum Nachtessen feierten wir mit Apero im Doppelsitzer, einem zentralen Treff der Oberhof-Fan- Gemeinde und der Sportler. Gegorenes, Gebrautes + Gebranntes hoben die Innentemperatur der insitzenden bis an die Wohlfühlgrenze. Berg heil für einen sich neigenden wunderschönen Wandertag.

Verschneiter Wald!!

Endlich setzte der ersehnte Schneefall ein. Vom Hotel aus traten wir in einen märchenhaft verschneiten Wald ein, genossen die Ruhe, die nur vom Knirschen der Stiefel im Schnee unterbrochen wurde. Wir erreichen wieder den Rennsteig, wechseln zum Dolmar-Weg, genießen die erbaulichen Fernblicke über die frisch verschneiten Höhen und lassen uns von der einladenden Bergbaude „Veilchenbrunnen“ zur Einkehr locken, denn „Um zwölf Uhr, so ist es Brauch, muss etwas zu essen in den Bauch“. Ein landschaftlich ebenfalls sehr schöner Hangweg führt uns unterhalb des Sternberges zum Rondell. Nach Süden genießt man vom Weg aus den eindrucksvollen Blick über das tief eingeschnittene Lubenbachtal mit den Hausdächern der Bahnhofssiedlung. Der Parallelweg zur B 247 führt uns nach einem Kilometer in die Ortslage von Oberhof zurück.

Fastenzeit auf Augenhöhe voraus!

Noch eine Woche und die Tradition empfiehlt Fastentage. Davor aber feiern die Volksgruppen links und rechts des Rhein Karneval. Auch wir möchten Pfleger des Brauchtums sein und somit haben vorausblickende Teilnehmer an der „Oberhof-Tour“ vorgesorgt. Werner Pfisterer hatte eine tolle Alternative zu dem Abendessen-Buffet im Hotel in Kooperation mit der Führung unseres Standorthotels in dem gemütlichen, im Winterwald gelegenen Waldgasthof „Schanzenbaude“ abgesprochen und organisiert. An- und Rückfahrt mit dem Bus, Zehn-Minuten-Fußmarsch von der Haltstelle durch frischen Schnee zur Baude. Einfach romantisch, mit einem Hauch Abenteuer, ein wenig Lausbubenzeit. Ein Schweinshaxen-Essen, begleitet durch musikalische Untermalung mit einem im Thüringer Wald bekannten Entertainer förderten eine gute Stimmung. Da Karnevalszeit, durfte der Narren- Abend nicht fehlen. Launige und unterhaltsame Vorträge, Sketche und Darbietungen, ein Hauch von Klein-Mainz breitete sich in der Räumlichkeit aus. Die Gruppenmitglieder lernten ihre vortragenden und darbietenden Aktivisten von einer charmanten und unterhaltsamen Art kennen.

An dieser Stelle sagen alle Dank für diesen warmherzigen Abend. An dieser Stelle darf ich mich abschließend zum Sprecher der an der Wochenfahrt Teilnehmenden machen und im Namen aller Werner Pfisterer und Inge Zöllner herzlich danken für Ihre Initiative, Engagement und Organisation dieser Wanderwoche im Thüringer Wald mit all den Eindrücken, Erlebnissen und zwischenmenschlichen Gedankenaustauschen.